Umwelthaftpflichtversicherung / Umweltschadenhaftpflicht
Im Bezug auf gesetzliche Regelungen ist Deutschland wahrscheinlich weltweiter Spitzenreiter. Ein Großteil aller Gesetze hat seinen Ursprung in der Bundesrepublik. Doch was manchmal nach blinder Regelwut aussieht, hat durchaus seine Berechtigung. So bestand beispielsweise bis 1991 noch keine eindeutige Regelung, wer für Umweltschäden im Bereich der Luft und des Bodens haftet. Die Haftungsregelungen im Rahmen des Bürgerlichen Gesetzbuches sind im Grunde jedoch eindeutig festgelegt. So haftet jeder Verursacher eines Schadens für die von ihm zu verantwortenden Schäden. Dabei müssen alle Schäden - egal welcher Art - finanziell ersetzt werden. Sowohl das aktuelle Vermögen als auch das zukünftige Einkommen des Verursachers werden bei der Schadensregulierung herangezogen. Doch wer kommt beispielsweise für Umweltschäden infolge eines Feuers in einer Betriebsstätte auf?
Das Umwelthaftungsgesetz und die verschuldensunabhängige Haftungspflicht
Die Anlagenhaftung (hier die sogenannte Gefährdungshaftung) bei Umwelteinwirkungen wurde 1990 mit dem Umwelthaftungsgesetz geregelt. Zum 01.01.1991 trat das UmweltHG dann in Kraft und erforderte bei den Gewerbetreibenden versicherungstechnische Änderungen. Neben dem bereits geschützten Gut Wasser wurden auch Luft und Boden als haftungsrechtlich relevante Güter anerkannt. Der Gesetzgeber erweiterte damit die Haftungspflicht entsprechender Unternehmen. Insofern ein Schaden vom Betrieb beziehungsweise einer Anlage (Betriebsstätte oder Lager) eines Gewerbes ausgeht, dann ist dessen Betreiber zu Schadenersatz verpflichtet. Selbst wenn kein klassisches Verschulden vorliegt, wie zum Beispiel aufgrund eines Feuers, kann der Anlagenbetreiber für den daraus resultierenden Umweltschaden haftbar gemacht werden. Da das Umwelthaftungsgesetz eine Haftungspflicht für Gewerbetreibende vorsieht, ist ein entsprechender Schutz in Form einer Umweltschadenhaftpflicht im Grunde unverzichtbar. Lediglich bei höherer Gewalt kann der Anlagenbetreiber nicht im Sinne des Umwelthaftungsgesetztes zur Verantwortung gezogen werden.
Bereits kurz nach Einführung dieser gesetzlichen Regelungen hatte der damalige HUK-Verband eine entsprechende Absicherungsmöglichkeit entwickelt - die sogenannte Umwelthaftpflichtversicherung. Diese spezielle Versicherung, die von verschiedenen Versicherungsunternehmen angeboten wird, übernimmt auch heute noch im Ernstfall alle berechtigten Schadenersatzforderungen, welche sich auf die im Umwelthaftungsgesetz festgelegten Regelungen begründen.
Zwar gab es bereits vor 1991 Betriebshaftpflichtversicherungen, die zahlreiche Gefahren eines gewöhnlichen Gewerbebetriebes versicherten. Die Pflichten aus dem damals neuen Umwelthaftungsgesetz waren im Rahmen dieser Versicherungsverträge jedoch ausgeschlossen. Der Abschluss einer neuen Umwelthaftpflicht bzw. eine entsprechende Erweiterungen der alten Verträge wurde daher notwendig. Auch heute deckt eine reine Betriebshaftpflichtversicherung keine Umweltschäden im Sinne des Umwelthaftungsgesetzes ab. Allerdings kann eine Betriebshaftpflicht oftmals um die entsprechenden Punkte erweitert werden.
Bedeutung einer Umwelthaftpflichtversicherung
Eine Umwelthaftpflicht ist für alle Gewerbetreibenden von Bedeutung, die industrielle Anlagen unterhalten, welche dazu geeignet sind, bei einem Unfall oder technischem Versagen Umweltschäden anzurichten. Man denke hierbei nicht nur an ein mögliches Feuer oder eine Explosion. Auch eine anlagenbedingte Überschwemmung kann giftige Chemikalien, Erdöl usw. nach außen befördern und auf diese Weise eine Umweltkatastrophe auslösen. Denkbar sind auch weitere Szenarien, wie das Entweichen von giftigen Gasen und Dämpfen oder eine Gefährdung der Umwelt durch Radioaktivität. Da die entstandenen Schäden extrem hohe Kosten verursachen können, ist ein fehlender Versicherungsschutz, in Form einer Umweltschadenhaftpflicht, mehr als nur fahrlässig.
Bedingungen und Leistungen einer Umwelthaftpflicht
Genau wie bei anderen Haftpflichtversicherungen, sind vorsätzlich und groß fahrlässig verursachte Schäden bei der Umwelthaftpflichtversicherung grundsätzlich ausgeschlossen. Zudem können Altlasten (bereits verseuchte Grundstücke) oder Verstöße gegen behördliche Vorgaben nicht versichert werden. Bei Naturkatastrophen (höherer Gewalt) greift eine Umwelthaftpflicht ebenfalls nicht, allerdings haftet in derartigen Fällen auch kein Gewerbetreibender.
Den von anderen Haftpflichtversicherungen bekannten passiven Rechtsschutz (passive Rechtsschutzfunktion) bietet auch eine Umwelthaftpflichtversicherung. Wird eine Schadenersatzforderung von einem Dritten gestellt, erfolgt zunächst eine genaue Prüfung des jeweiligen Anspruchs. Bestehen Zweifel an den Schadensersatzforderungen, dann wehrt der Versicherer die gestellten Ansprüche ab. Gegebenenfalls erfolgt die Verteidigung auch auf gerichtlichem Wege. Dadurch wird der Versicherte vor unberechtigten bzw. überhöhten Schadenersatzforderungen geschützt. Selbst im Falle eines Gerichtsprozesses müsste der Versicherte keinen Eigenanteil leisten. Alle Kosten werden bei einem derartigen Prozedere über die Umwelthaftpflichtversicherung abgedeckt.
Bei der Umweltschadenhaftpflichtversicherung wird bei Vertragsabschluss eine maximale Versicherungssumme festgelegt. Abhängig vom Anbieter beginnt diese meist bei 3 Millionen Euro. Allerdings ist eine derartige Mindestversicherungssumme wirklich nur als absoluter Basisschutz zu betrachten. Im Erstfall können erfahrungsgemäß deutlich höhere Schäden auftreten. Gewerbliche Einrichtungen, die zum Beispiel mit Chemikalien arbeiten, sind daher in der Regel mit weitaus höheren Versicherungssummen zu versichern. Würden im Katastrophenfall Chemikalien ins Erdreich eindringen, so wäre der Umweltschaden kaum abschätzbar. Auch eventuelle Personen- oder Vermögensschäden lassen die Schadensersatzforderungen rasant ansteigen. Eine Versicherungssumme von nur 3 Millionen Euro könnte hierbei wahrscheinlich nur einen Teil der Schäden abdecken.
Generell muss eine Umweltschadenhaftpflichtversicherung sehr individuell abgeschlossen werden und vom jeweiligen Versicherer auf den entsprechenden Betrieb angepasst werden. Denn in der Umwelthaftpflicht-Basisversicherung sind lediglich Umwelteinflüsse versichert, die von nicht umweltrelevanten Anlagen oder Lagern ausgehen. Für alle anderen Betriebsstätten bieten die Versicherer ihren Kunden sogenannte Risikobausteine an, um deren Unternehmen in Sachen Umwelthaftung auch ausreichend abzusichern.